Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens.

Max Weber (Wissenschaft als Beruf)

[...] Es besteht kein Zweifel, dass wir den Sinnbegriff auf der Ebene des menschlichen Handelns anwenden dürfen, ohne wesentliche Konfusion zu erzeugen. Wir verstehen auch im Alltag ohne philosophische Explikationen, was gemeint ist. Wir verwechseln diesen Sinnbegriff auch nicht mit der Bedeutungshaftigkeit eines sprachlichen Ausdrucks. Semantische Bedeutungen, also der Sinn von Wörtern, von Sätzen und von Kontexten, sind deutlich abgehoben, sowohl von der terrestrischen Bedeutung der Sinnhaftigkeit des Lebens eines Individuums als auch von der im folgenden zu diskutierenden kosmischen Sinnbeladenheit des Universums, das einem geplanten Endziel entgegenstrebt. Sprachlicher Sinn hat seine Funktion bei derartigen Überlegungen nur insofern, als wir ja gerade herausfinden wollen, ob manche Rede von Sinn einfach auf gedanklicher Verwirrung beruht oder ob dahinter ein kohärenter vermittelbarer Gedankengang zu finden ist. Die analytische Philosophie hat sich ja gerade bemüht, durch logische und linguistische Untersuchungen herauszufinden, ob nicht hinter tiefsinnig klingenden metaphysischen Problemen eine sprachliche Konfusion verborgen ist. [...]

[...] So wie die Dinge liegen, gibt es nicht nur keinen positiven Hinweis auf ein steuerndes Wesen, das den Sinn der Geschichte lenkt, sondern dieses Wesen ist vermutlich sogar erkenntnistheoretisch unmöglich. Die Sensibilität des stofflichen Trägers unserer Gedanken, jenes neuronale Netzwerk, das unser Gehirn bildet, und die Gültigkeit des Prinzips der schwachen Kausalität in der Geschichte schließen ein Ziel der Geschichte aus. Da es somit keinen guten Grund für die Existenz eines Weltgeistes gibt, kann man dieses Fehlen einer positiven Begründung als besten Grund gegen die Annahme seines Vorhandenseins annehmen. Dies ist die übliche methodische Form, mit der Existenz verborgener Entitäten umzugehen. Wenn gar nichts für das Vorhandensein eines theoretischen Objekts spricht, behandelt man es als Fiktion. [...]

[...] Heute muss man die Einbettung des Menschen in die Geschichte des Organischen als ein Faktum ansehen. Ungeachtet differenzierter Auseinandersetzungen um bestimmte konkurrierende Evolutionstheorien ist die Tatsache der Entwicklung aller Schichten der Realität von so vielen Disziplinen her gestützt, dass nur ideologische Verblendung die Ursache sein kann, sich der erdrückenden Beweislast entziehen zu wollen. [...] An keiner Stelle ist in diesem Erklärungsschema Platz für Zwecke, final gerichteten Fortschritt, Erfüllung idealer Sinnvorgaben oder verwandte spirituelle Elemente. Diese kommen in diesem naturalistischen Theoriengebäude nicht vor und sind auch dort nicht nachträglich oder zusätzlich einbaubar. [...]

Lose Aneinanderreihung von Aussagen aus: Bernulf Kanitscheider. Auf der Suche nach dem Sinn. (Zur Zeit leider vergriffen)

In Hamburg (und auch in anderen Bundesländern) müssen ab dem Schuljahr 2025/2026 in der Mittelstufe 4 Stunden Informatik unterrichtet werden, als Pflichtfach. Natürlich können diese Stunden den Schülerinnen und Schülern nicht noch zusätzlich auferlegt werden, so dass also Stunden anderer Fächer reduziert werden müssen. Es lässt sich denken, dass diese Fächer in den meisten Fällen die künstlerischen Fächer sind. Kann das richtig und im Rahmen der Schule sinnvoll sein?

Besondere Bedeutung künstlerischer Fächer in der Bildung
Die Kultusministerkonferenz (KMK) betont in ihren Beschlüssen zur kulturellen Bildung die besondere und einzigartige Rolle der künstlerischen Fächer im Bildungsprozess. Künstlerische Fächer wie Musik fördern die ästhetische Bildung, die Kreativität, das kritische Denken sowie die soziale und emotionale Intelligenz der Schüler:innen. Musik als ein zentrales künstlerisches Fach ermöglicht es den Jugendlichen, sich mit kulturellen Inhalten und Ausdrucksformen auseinanderzusetzen, die weit über die rein kognitive Wissensvermittlung hinausgehen. Der regelmäßige und umfassende Musikunterricht trägt somit wesentlich zur ganzheitlichen Bildung bei, die laut KMK ein wesentliches Ziel des Schulunterrichts ist.

Musik als Schlüssel zur ästhetischen und kulturellen Bildung
Der Bildungsplan Musik für die Sekundarstufe I unterstreicht die unverzichtbare Rolle des Faches Musik für die Entwicklung der Schüler:innen. Musikunterricht fördert nicht nur musikalische Fähigkeiten, sondern trägt entscheidend zur Bildung von ästhetischem Urteilsvermögen und kultureller Identität bei. Die KMK hebt hervor, dass ästhetische Fächer wie Musik eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung von Kulturkompetenz haben, indem sie den Zugang zu kulturellen Ausdrucksformen öffnen und die Schüler:innen dazu anregen, sich aktiv mit Kunst und Kultur auseinanderzusetzen. Musik bietet eine einzigartige Möglichkeit, kulturelle Teilhabe zu erleben und zu verstehen, was durch eine Reduzierung der Unterrichtszeit stark eingeschränkt würde.

Förderung von Schlüsselkompetenzen durch Musik
Musikunterricht unterstützt die Entwicklung wesentlicher überfachlicher Kompetenzen wie Kreativität, Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein und Empathie. Diese Kompetenzen sind laut KMK für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung ebenso wichtig wie für die Vorbereitung auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt. Der handlungsorientierte Ansatz des Musikunterrichts, der auf praktisches Musizieren und kreative Gestaltung setzt, bietet einen Lernkontext, der in dieser Form in anderen Fächern kaum zu realisieren ist. Die durch den Musikunterricht geförderten Fähigkeiten sind daher unersetzlich für eine ganzheitliche Bildung.

Musikunterricht als Raum für kulturelle und soziale Teilhabe
Musik spielt eine zentrale Rolle in der kulturellen Praxis und Identitätsbildung von Jugendlichen. Laut Bildungsplan knüpft der Musikunterricht an diese kulturelle Praxis an und erweitert sie, indem er den Schüler:innen ermöglicht, verschiedene Musikkulturen und Stile zu entdecken und zu reflektieren. Dies fördert nicht nur die Toleranz und das Verständnis für unterschiedliche kulturelle Ausdrucksformen, sondern auch die Bereitschaft zur aktiven kulturellen Teilhabe. Die KMK betont in ihren Leitlinien, dass kulturelle Bildung ein integraler Bestandteil der Allgemeinbildung ist und wesentlich zur gesellschaftlichen Teilhabe und Demokratiebildung beiträgt. Eine Reduzierung des Musikunterrichts würde diese wichtige Funktion untergraben.

Künstlerische Fächer als Brücke zwischen Theorie und Praxis
Der Musikunterricht ermöglicht eine einzigartige Verzahnung von theoretischen und praktischen Lernprozessen. Laut KMK und Bildungsplan erwerben Schüler:innen nicht nur theoretische Kenntnisse über Musik, sondern setzen diese aktiv um, sei es durch Singen, Musizieren oder Komponieren. Diese aktive Auseinandersetzung mit Musik fördert ein tiefes Verständnis und eine nachhaltige Lernmotivation, die über das reine Faktenlernen hinausgeht. Ein umfassender Musikunterricht bietet den Schüler:innen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten in einem kreativen und kooperativen Umfeld zu erweitern und zu vertiefen. Eine Reduzierung der Musikstunden würde diese Lernprozesse erheblich einschränken und den Schüler:innen die Chance nehmen, Musik als lebendigen und relevanten Teil ihrer Bildung zu erfahren.

Unverzichtbare Rolle des Musikunterrichts in der Persönlichkeitsentwicklung
Wie die KMK hervorhebt, fördern künstlerische Fächer wie Musik die Persönlichkeitsentwicklung in besonderem Maße, indem sie emotionale und ästhetische Erfahrungen ermöglichen, die für die individuelle Entfaltung unverzichtbar sind. Der Musikunterricht bietet einen einzigartigen Raum, in dem Schüler:innen lernen, sich selbst und ihre Umwelt auf vielfältige Weise auszudrücken und zu verstehen. Diese Form der Bildung ist essentiell für die Entwicklung eines ganzheitlichen Weltverständnisses und kann durch keinen anderen Fachunterricht ersetzt werden.

Es zeigt sich also, dass die Stundenreduzierung in künstlerischen Fächern und insbesondere im Fach Musik falsch ist. Es bleibt - gegen alle aktuelle Entwicklung - mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler zu hoffen, dass entsprechende (neue und alte) Erkenntnisse sich in der Schulpolitik doch noch irgendwann auswirken.

Alle Jahre wieder werden Hamburgs Schulen von der Schulinspektion besucht, und es werden Befragungen aller Beteiligten sowie Unterrichtsbesuche durchgeführt. Nach ein paar Wochen werden dann die Ergebnisse in den jeweiligen Schulen vorgestellt und festgestellte Verbesserungsbedarfe mitgeteilt. Die Beurteilung jeder Schule ist im Internet nachzulesen.
Für die Gymnasien ist interessant, dass anscheinend generell (Binnen)Differenzierung und Individualisierung verbessert werden müssen, um eine wirklich gute Schule abgeben zu können. Grundlage ist in der Hauptsache der ebenfalls im Internet nachzulesende behördliche Orientierungsrahmen für Schulqualität, der Merkmale aufzählt, die eine gute Schule ausmachen.
Je höher die Klassenfrequenz angesetzt ist (an Gymnasien 28!), also je größer Schulklassen sind, und je inklusiver Schulklassen zusammengesetzt sind, desto eher werden natürlich Differenzierung und Individualisierung zu einem erkennbaren Problem. Da die vorgegebene Klassenfrequenz aber ein politisches Problem sei und keines, das pauschal Einfluss auf die Qualität von Unterricht habe, werden entsprechende Fortbildungsveranstaltungen des Lehrerinstituts angepriesen, was in humorvollen Lehrerkollegien gelegentlich für Belustigung sorgt. Auch in dem Beobachtungsbogen, den die Schulinspektion während ihrer Unterrichtsbesuche ausfüllt, ist die Klassenstärke nicht vermerkt, sie spielt keine Rolle. Klassen kleiner zu machen und zusätzliche Lehrkräfte einzustellen, um Stress im Klassenraum zu mindern, der Lehrkraft mehr Zeit und Beobachtungs- bzw. Wahrnehmungsmöglichkeit für einzelne Schülerinnen und Schüler zu geben und die Qualität von Schule auch in dieser Hinsicht gut sein zu lassen, ist zu teuer und somit kein relevantes Merkmal. Natürlich. Die Lehrer müssen einfach immer besser werden. In diesem Zusammenhang werden weder Schülerinnen und Schüler, noch Lehrer oder Eltern befragt.
Und sollen wir uns darüber freuen, dass nach neuester Berechnung die tatsächliche Klassenfrequenz nicht bei 28, sondern lediglich bei 27,8 liegt? Liebe Kinder, gebt schön Acht, es wird bald alles gut gemacht.

P.S. In Europa hat Deutschland zusammen mit Frankreich die größten Klassenstärken. Selbst der OECD-Mittelwert liegt bei 23.

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