Musikanalytische Merkmale des Blues
Das Bluesschema (Form und Harmonik)
Ein Blues besteht, formal betrachtet, aus der Wiederholung eines 12-taktigen Teils. Ein klassischer Blues wird in seiner einfachsten Form begleitet von drei Harmonien (Akkorden), nämlich den Akkorden auf der I., IV. und V. Stufe der Tonleiter der Tonart, in dem der Blues gespielt wird. In der Tonart G-Dur
g - a - h - c - d - e - fis - g
I II III IV V VI VII VIII
wären dies die Akkorde G-Dur (I.), C-Dur (IV.) und D-Dur (V.). Diese drei Akkorde werden nach einem festen Schema auf die 12 Takte verteilt: Die ersten vier Takte beinhalten G-Dur, den Akkord auf der I. Stufe. Die nächsten vier Takte beinhalten zwei Takte C-Dur, den Akkord auf der IV. Stufe, und zwei Takte G-Dur, also wieder zurück auf die I. Stufe. Die letzten vier Takte beinhalten zwei Takte D-Dur, also die V. Stufe, und zum Abschluss wieder zwei Takte G-Dur, die I. Stufe und Grundakkord der Tonart.
/ G / G / G / G \ C / C / G / G \ D / D / G / G \
I I I I IV IV I I V V I I
Die Melodik des Blues weist auch Besonderheiten auf. Und zwar beinhaltet eine Bluesmelodie zwei oder drei Töne, die nicht zu der Tonart gehören, in der der Blues steht. Es werden also tonartfremde Töne benutzt, was den Klang der Musik bereichert und ihr durch entstehende Dissonanzen eine besondere Note verleiht. Ohne diese "falschen" Töne, würde der Blues "falsch" klingen, er würde nicht nach Blues klingen. Diese besonderen Töne werden Blue Notes genannt. Sie entstehen, indem die Töne auf der III. und VII. Stufe um einen Halbtonschritt erniedrigt werden. In G-Dur sind die Töne auf der III. und VII. Stufe h und fis; die Blue Notes sind also b (h erniedrigt durch ein b-Vorzeichen) und f (fis erniedrigt durch ein Auflösungzeichen). Die dritte Blue Note wäre die erniedrigte V. Stufe: der Ton des.
Bluesmelodien bestehen oft aus nur 5 Tönen, die man sich ganz leicht merken kann: Es sind die drei Grundtöne der (drei) benutzten Akkorde plus zwei Blue Notes, also die Töne auf den Stufen I, IV und V sowie zwei Blue Notes auf der erniedrigten III. und der erniedrigten VII. Stufe.
In unserem G-Dur Beispiel sind dies die Töne
g - b - c - d - f.
Diese Fünftonleiter wird fachbegrifflich als pentatonische Skala oder Pentatonik bezeichnet. Sie wird auch häufig beim Improvisieren, beim freien Erfinden von Melodien benutzt.
Wenn die dritte Blue Note zur pentatonischen Tonleiter noch hinzugenommen wird, entsteht eine Sechstonleiter:
g - b - c - des - d - f
Diese Skala wird Bluestonleiter genannt.
In weiteren, späteren polulären Musikstilen (Rock`n`Roll, Soul, Rock etc.) zeigen sich interessanterweise meistens auch die für den Blues aufgezeigten melodischen Besonderheiten wie Blue Notes, Pentatonik und Bluesskala.